Das Thema Kindesunterhalt ist hart umkämpft und oft emotional aufgeladen.
Für die Unterhaltsberechtigten, also die Trennungskinder, werden mit den monatlichen Zahlungen oft Wertschätzung und Zuwendung des Elternteils verbunden. Für den Unterhaltspflichtigen stellen die Zahlungen hingegen oft große finanzielle Belastungen dar. Mit großem Argwohn wird dann teilweise verfolgt, welche Anschaffungen mithilfe der Zahlungen von dem empfangenden Elternteil gemacht werden. Das führt allgemein zu Spannungen.
Wer an wen Kindesunterhalt zu bezahlen hat, regelt die sogenannte Düsseldorfer Tabelle. Sie hat keine Gesetzeskraft, stellt aber als Unterhaltstabelle eine Richtlinie dar, wird gesamtgesellschaftlich – teilweise zähneknirschend – akzeptiert und weist den monatlichen Unterhaltsbedarf bezogen auf zwei Unterhaltsberechtigte aus. Die Düsseldorfer Tabelle orientiert sich bei der Ermittlung der Unterhaltshöhe sowohl an der Anzahl und am Alter der Kinder als auch daran, wie viel die Eltern verdienen. Sie hat keine Rechtskraft, sondern dient eher als Richtlinie, die von den Gerichten bei Berechnung des Unterhalts gemäß § 1601 BGB zugrunde gelegt wird.
Neues Jahr, neue Bedarfssätze für Kinder?
Die Düsseldorfer Tabelle wird jährlich vom Oberlandesgericht Düsseldorf aktualisiert. Die Neuerungen der Düsseldorfer Tabelle, die ab Januar 2023 wirksam sind, wurden diesmal von den Fachkreisen mit großer Spannung erwartet. Es war einiges in Diskussion und Planung. Lesen Sie hier die Details und erfahren Sie, was in Bezug auf Unterhaltsberechnungen und Unterhaltsleitlinien für Kinder diskutiert und was letztendlich umgesetzt wurde.
1. Wesentliche Änderungen der Düsseldorfer Tabelle
Zum 01. Januar 2023 wurde die Düsseldorfer Tabelle gemäß der Fünften Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 30.11.2022 aktualisiert. Die Änderungen beziehen sich insbesondere auf die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder, den Bedarf eines studierenden Kindes sowie der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Eigenbedarf. Angehoben wurden vor allem die Eigenbedarfssätze des Unterhaltspflichtigen. Die Tabellenstruktur blieb gegenüber 2022 hingegen unverändert. Im Hinblick darauf, dass Unterhaltspflichtige die gestiegenen Kosten bei gleichbleibenden Löhnen ebenso zu stemmen haben, stießen die nun eingetretenen Änderungen teilweise auf Kritik.
1.1. Anhebung der Bedarfssätze minderjähriger Kinder
Infolge der Erhöhung des Mindestbedarfs gemäß der Fünften Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 30.11.2022 erfolgte eine Anhebung der Bedarfsätze minderjähriger Kinder in der 1. – 3. Altersstufe. Der Mindestunterhalt beträgt nun ab dem 1. Januar 2023:
- für Kinder der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) € 437,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 41,00)
- für Kinder der 2. Altersstufe (bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres) € 502,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 47,00)
- für Kinder der 3. Altersstufe (vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit) € 588,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 55,00).
Die oben genannten Beträge entsprechen den Bedarfssätzen der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Die Anhebung der Bedarfssätze der ersten Einkommensgruppe hat eine Änderung der Bedarfssätze der nachfolgenden Einkommensgruppen prozentual pro Stufe zur Folge. Diese werden ab der 2. bis 5. Gruppe um je 5 % und in den folgenden Gruppen um je 8 % des Mindestunterhalts angehoben. Grund für die Anhebung waren unter anderem die gestiegenen Lebensunterhaltskosten.
1.2. Anhebung der Bedarfssätze volljähriger Kinder
Die Bedarfssätze volljähriger Kinder erhöhen sich ebenfalls zum Jahresbeginn. Sie belaufen sich wie 2022 auf 125 Prozent des Bedarfs der 2. Altersstufe.
1.3. Anhebung des Bedarfssatzes studierender Kinder
Auch die Bedarfssätze für Studierende, die nicht mehr bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen, wurden auf € 930,00 angehoben (Anhebung gegenüber 2022 um € 70,00).
1.4. Anhebung des Mindestbedarfs unterhaltsberechtigter Ehegatten
Unterhaltsberechtigte Ehegatten können nun im Falle einer Erwerbstätigkeit einen Mindestbedarf von € 1.370,00 beanspruchen (Anhebung gegenüber 2022 um € 190,00). Bei nicht erwerbstätigen Ehegatten beläuft sich der neue Mindestbedarf auf € 1.120,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 160,00).
1.5. Anhebung der Selbstbehalte
Auch die Selbstbehalte, die sich zuletzt mit Wirkung zum 01.Januar 2020 erhöhten, wurden zu Beginn dieses Jahres angehoben. Unter dem Begriff des Selbstbehalts ist der Betrag zu verstehen, der dem Unterhaltspflichtigen für seinen eigenen Lebensunterhalt verbleiben muss. Dieser Betrag beläuft sich gegenüber
- Ansprüchen des Ehegatten bei nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen auf € 1.385,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 205,00), bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen auf € 1.510,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 230,00).
- Ansprüchen minderjähriger Kinder und volljährigen unverheirateter Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres auf € 1.120,00 bei nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen (Anhebung gegenüber 2022 um € 160,00), bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen auf € 1.370,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 210,00). Bei der Bemessung wurde ein Bedarfssatz von € 502,00 entsprechend dem Bürgergeld zugrunde gelegt. Dieser notwendige Selbstbehalt beinhaltet Wohnkosten (Warmmiete) in Höhe von € 520,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 90,00). Sofern die Wohnkosten des Unterhaltspflichtigen diesen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind, kann sich auch der Selbstbehalt erhöhen.
- gegenüber sonstigen Ansprüchen auf Kindesunterhalt auf € 1.650,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 250,00). Enthalten sind in diesem Betrag Wohnkosten (Warmmiete) von € 650,00.
1.6. Anrechnung Kindergeld
Das Kindergeld beläuft sich seit 2023 je Kind auf einheitlich € 250,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 31,00 für das erste und zweite Kind, € 25,00 für das dritte Kind). Bei minderjährigen Kindern ist das Kindergeld grundsätzlich zur Hälfte, bei volljährigen Kindern in vollem Umfang auf den Barunterhaltsanspruch anzurechnen.
2. Fazit
Ob mit Wirkung zum 01.Januar 2024 weitere Änderungen erfolgen, ist insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Bedarfssätze nach dem Bürgergeld und der Wohnkosten abzuwarten.
FAQ
Die Düsseldorfer Tabelle des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist eine Unterhaltstabelle mit maßgebenden Richtlinien für die Berechnung der Unterhaltszahlungen. Sie beruht auf Koordinierungsgesprächen zwischen Richterinnen und Richtern der Oberlandesgerichte Düsseldorf, Köln, Hamm, der Kommission des Deutschen Familiengerichtstages e.V. und einer Umfrage bei den übrigen Oberlandesgerichten. Auch wenn die Tabelle keine Gesetzeskraft hat, dient sie der Praxis als Leitlinie.
Die Höhe des Mindestunterhalts (Stufe 1) ist abhängig vom Alter des Kindes. Demnach gilt: Je älter das Kind, desto höher die Zahlungen für den Unterhaltspflichtigen. Durch die aktuellen Änderungen der Düsseldorfer Tabelle steigen die Bedarfssätze in fast allen Altersstufen an, auch wenn die Erhöhung teilweise unter einem Prozent liegt. Nur für studierende volljährige Kinder bleibt es ab Januar 2023 bei den bisherigen Bedarfssätzen.
- für Kinder der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) € 437,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 41,00)
- für Kinder der 2. Altersstufe (bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres) € 502,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 47,00)
- für Kinder der 3. Altersstufe (vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit) € 588,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 55,00).
Lebt das Kind nach einer Trennung oder Scheidung bei einem Elternteil, so ist der andere Elternteil barunterhaltspflichtig. Für die genaue Unterhaltsberechnung werden grundsätzlich folgende Faktoren berücksichtigt:
- Bereinigtes Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen
- Anzahl der Unterhaltsberechtigten
- Alter des unterhaltsberechtigten Kindes
- Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen
- Einbeziehung des Kindergeldes
- Bedarfskontrollbetrag
- Ansprüchen des Ehegatten bei nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen auf € 1.385,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 205,00), bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen auf € 1.510,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 230,00).
- Ansprüchen minderjähriger Kinder und volljährigen unverheirateter Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres auf € 1.120,00 bei nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen (Anhebung gegenüber 2022 um € 160,00), bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen auf € 1.370,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 210,00). Bei der Bemessung wurde ein Bedarfssatz von € 502,00 entsprechend dem Bürgergeld zugrunde gelegt. Dieser notwendige Selbstbehalt beinhaltet Wohnkosten (Warmmiete) in Höhe von € 520,00 (Anhebung gegenüber 2022 um € 90,00). Sofern die Wohnkosten des Unterhaltspflichtigen diesen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind, kann sich auch der Selbstbehalt erhöhen.
Der Bedarfskontrollbetrag wird bei der Berechnung der Unterhaltszahlung mitberücksichtigt, ist jedoch nicht mit dem Selbstbehalt gleichzusetzen. Er sichert nicht das Existenzminimum, sondern soll eine ausgewogene Verteilung zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem Anspruch der unterhaltsberechtigten Kinder gewährleisten. Wird der Bedarfskontrollbetrag unterschritten, soll eine Herabstufung in die nächstniedrigere Einkommensgruppe erfolgen.
Die aktuellen Änderungen der Düsseldorfer Tabelle beruhen auf der Fünften Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 30.11.2022, welche eine Erhöhung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder gemäß § 1612a Abs. 1 BGB zum Gegenstand hatte. Unter dem Mindestunterhalt ist der Barbetrag zu verstehen, den ein minderjähriges Kind zum Leben benötigt. Von ihm ausgehend wird auch der Kindesunterhalt gemäß der Düsseldorfer Tabelle berechnet. Grund für die Erhöhung des Mindestunterhalts waren die unvorhersehbaren erheblichen Preissteigerungen im Jahr 2022.